the new ar(t)- chitecture Draft  forward Entwurfsbeschreibung


Das angenommene, zu beplanende Grundstück des Guggenheim Abu Dhabi (GAD) liegt an der Spitze zweier aufeinander zulaufenden städtebaulichen Sichtachsen. Diese durchqueren, mit einer weiteren Dritten in der Mitte, mit einer Länge von jeweils über einem Kilometer das Cultural District. Ihren Ursprung finden sie an drei kleinen vorgelagerten Inseln Saadiyat Islands und nehmen so maßgeblich Bezug auf die städtebauliche Situation des Cultural Districts. Die daraus resultierende Form des Dreiecks ist die Urkomposition meines Entwurfes. Sie ist überall wiederzuentdecken, überall zu erleben und begleitet den Besucher durch das Museum. 

„Am Anfang war die Scheibe“ – sowohl diese als auch ihr kongruentes Gegenstück nehmen sich der zwei zueinander laufenden städtebaulichen Achsen an und geben der geometrischen Form ein angemessenes Pendant. Den massiven Scheiben wird das Material Stahlbeton in Sichtqualität zugewiesen, welcher nach dem „Weniger ist mehr“-Prinzip dem Museum und den städtebaulichen Bezügen größten Respekt und Zurückhaltung entgegenbringt, um nicht mit dem Blick auf das Wesentliche (die Kunst) in Konkurrenz zu treten. An dieser Stelle ist auch anzumerken, dass das massive Stahlbetonaufgebot die Klimatisierung des Gebäudes unterstützt. Am Tage schützt es vor der großen Hitze der Wüste und heizt sich langsam auf, während es in der Nacht die gespeicherte Wärme nach Innen abgibt, um vor der in Wüstennächten herrschenden Kälte zu schützen. Materialien werden im ganzen Gebäude zurückhaltend eingesetzt. Es überwiegen Stahlbeton, der Bodenbelag aus Quarzit (anthrazitfarben, poliert), Cortenstahl und milchig-weißes Opakglas.

Die Darstellung der Scheiben hingegen widerspricht der Zurückhaltung der Materialien und formt das Museum zu einer Skulptur - ganz im Sinne der Solomon R. Guggenheim Foundation, die es sich auf die Fahnen geschrieben hat, durch den Bau ihrer Museen eine Kunst selbst zu sein und einen hohen Wiedererkennungswert anzustreben. Die Skulptur formt sich bereits durch die aufeinander aber gleichzeitig gegeneinander laufenden Wandscheiben und dem daraus entstehenden Dach – dem hyperbolischen Paraboloiden, welcher als Projektions- und Werbefläche für das Museum dient. Die Fläche wird aus PVC - Platten dargestellt, die die Formen von Palmenblättern haben, womit auf die ursprüngliche Bauweise der Palmenblatthütten der Ureinwohner hingewiesen werden soll. Die gegenläufigen Scheiben, welche mit einer 70° Neigung zueinander stehen und zu einer Spitze verlaufen (die sich ebenfalls mit 70° zu seiner Kathete erhebt), sollen den Eindruck erwecken, als wüchsen sie aus dem Boden, um zu untermalen, dass genau hier der richtig gewählte Standort für ein Museum ist. Im vorderen Bereich kreuzen sich die Scheiben, wobei hier die Haltung sich öffnender Arme assoziiert und der Besucher damit willkommen geheißen werden soll. 

Der Künstler Wassily Kandinsky (geboren 4. Dezember 1866 in Moskau, gestorben 13. Dezember 1944 in Paris), war ein Synästhet, empfand also Farben nicht nur als optische, sondern beispielsweise auch als akustische Reize. Er ordnete den Farben Klänge, Gerüche und Formen zu. So empfand er gelb als eine „spitze“ Farbe, die sich in Verbindung mit der spitzen Form eines Dreiecks steigere. Worauf es bei Kandinskys Analogie zur Musik ankommt, ist der Bezug beziehungsweise der fehlende Bezug zum Sehen im herkömmlichen Sinne. Das soll nicht bedeuten, Kandinskys Bilder seien „weniger“ für die visuelle Rezeption gedacht als andere; vielleicht wollte er damit aber sagen, dass das Seherlebnis auch andere, nicht-optische Komponenten umfasst. Wie das Riechen wichtiger Bestandteil des Schmeckens ist, könnte analog dazu das Hören nicht Teil des Sehens sein? Theosophisch gesprochen: das „Sehen“ beschränkt sich nicht auf die sichtbare Welt.

Kandinsky war Mitbegründer des Expressionismus und vor allem an der Abstrakten Kunst beteiligt, die auf den Kontakt mit dem Bauhaus-Stil und dem russischen Konstruktivismus in Figur und Form zurückzuführen ist. 

Während der Auseinandersetzung mit der modernen Kunst, deren Aus-stellungsschwerpunkt das Guggenheim bildet, stieß ich bei einem Besuch der „Guggenheim Collection“ in Bonn auf das Werk „Komposition 8, Juli 1923“; eines der berühmtesten Werke von Wassily Kandinsky.


                                           


Die Komposition 8 (Kandinsky nannte seine Bilder aufgrund der Schwingungen und des Pulsierens „Komposition“ oder „Improvisation“ in Verbindung mit der „laufenden“ Nummer) ist exakt geplant: Der Kreis oben links bildet ein spannungsreiches Moment in der ansonsten harmonischen Komposition aus Rund und Spitz. Er könnte auch eine Sonne darstellen, neben der sich rechts ein blauer Berg befindet; es wäre also möglich, dass es sich um ein Landschaftsbild handelt. Doch dies trifft nicht zu; das Bild ist gegenstandslos, es ist Geometrie - höhere Kunst, abstrakte Klänge, geistige Wesen einer jeden Form für sich.

Für mich war es sehr aufregend zu sehen und festzustellen, wie vielleicht auch für den Betrachter, dass meine oben bereits beschriebenen Grundformen sich in Kandinskys Bild wiederfinden: die der Scheiben und des Dreiecks. Das Dreieck im Cultural District, das Dreieck als neuer Kunststandort und noch vielmehr: das Dreieck als ein Synonym für die ersten und wichtigsten Bilder der gegenstandslosen Kunst – die der Sammlung der Guggenheim Foundation.

Sehr stark angetan von den scheinbar asymmetrisch durchquerenden Spitzen, die das Dreieck durchstoßen wollen bzw. durchstoßen, projizierte ich diese auf meinen Grundriss. Auch hier scheinen sie einer Willkür zu unterliegen; doch sie sind präzise an einem Achsraster, welches den Grundriss genau in die Baulücke einpasst, ausgerichtet. In der Ansicht ist jede dieser Scheiben, die zu einem Dreieck zusammen laufen wollen, wieder wie ein Dreieck ausgebildet und bezieht sich auf die zwei „Urkörper“ der Wandscheibe. Sie stehen für je ein Emirat, welches die Zugehörigkeit und den Zusammenschluss untermalt. Das letzte der sieben Emirate ist Abu Dhabi, welches auch gleich mit der Stadt Abu Dhabi die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate bildet. Auch sie findet sich durch den Einsatz zweier unterschiedlich verlaufender Wandscheiben wieder, welche exakt in ihre Richtung zeigen. Ein wesentlicher Unterschied gegenüber den anderen abstrahierten Emiraten besteht darin, dass das Emirat zum einen durch zwei Wandscheiben dargestellt wird, und zum anderen, dass diese nur im Außenbereich sichtbar sind. Im Inneren sind sie nur an Wandaußenkanten, Wandschlitzen und Fluchten zu erkennen.

Die sechs Wandscheiben stellen ein statisches Gleichgewicht dar. Sie steigen und ruhen und fallen mit dem Wachstum der „Urkörper-Wandscheibe“. Die zwei mittleren Wandscheiben sind mit Cortenstahl auf einer Stahlunterkonstruktion verkleidet und durchstoßen horizontal den Baukörper und sollen die Aggressivität, allein schon durch den Materialwechsel zum Beton, aber auch das statische Gleichgewicht unterstreichen. Während die Stahlunterkonstruktionen der anderen vier Wandscheiben mit opakem Glas verkleidet sind und sich im Inneren sukzessive bis auf ihre Unterkonstruktionen auflösen, haben alle Wandscheiben gemeinsam, dass der Zwischenbereich ebenfalls mit einer Pfosten-Riegel-Konstruktion aus opakem Glas gefüllt ist. Dies hat ein sehr interessantes Licht-Schatten-Spiel im Inneren des Gebäudes zur Folge. Mit Eintritt der Dunkelheit werden diese künstlich beleuchtet und stellen ein Durchstoßen von Dreiecken bzw. Schwertern, wie in Kandinskys Komposition 8, dreidimensional dar.

Wie schon bei den frühen griechischen Basilikabauten, den Vorgängern der Kirchen, welche als Gerichtssäle und später als Mehrzweckhäuser genutzt wurden, möchte auch ich mit meinem Entwurf den Besucher durch die Anordnung wichtiger Bauelemente, mittels Immersion (der Besucher kann in eine künstlerische Arbeit völlig eintauchen, so dass sie den Rezipienten von allen Seiten umgibt), indirekt subtil, emotional, vorbereiten.
Damals war es der Angeklagte, der mühsam viele Treppen zum Richterhaus hinaufsteigen musste. Körperlich erschöpft ging er zentral durch eine vorgelagerte Säulenanordnung in das Gebäude. Hier durchschritt er einen dunklen Vorraum, um in das Mittelschiff zu gelangen. Die weit geöffnete Iris der Augen wurde von der sich in den heutigen Kirchen befindenden, Licht durchfluteten Vierung geblendet. Mühsam und noch etwas erschöpft bewegte sich der Angeklagte durch das Mittelschiff. In seinem nahezu 180° Blickfeld sah er schemenhaft links und rechts die Säulen mit sich laufen, die ihn weiter in das Gebäude hineinzuziehen schienen – wie Soldaten. An der Vierung angekommen saß der Richter, erhellt vom Licht und etwas überhöht auf seinem Amtsstuhl. 

Mich fasziniert die Ausstrahlung beispielsweise staatlicher und kirchlicher Gebäude, deren Architektur eine immersive Wirkung auf den Menschen haben kann. Ähnliches versuchte ich in meine Planung einzubeziehen, indem ich die Besucher durch die bestimmte Anordnung wichtiger Bauelemente auf den Museumsbesuch vorbereiten möchte und ihnen damit die Gelegenheit gebe, sich voll und ganz auf das Land, die Stadt, das Museum und letztlich auf die Kunst einzulassen. 

Ganz anders als bei den Basiliken wird auch das Museum über eine vorgelagerte Treppenanlage erreicht, was in diesem Fall Repräsentations-zwecken dient. Der Besucher überwindet mit zehn Stufen einen Höhenunterschied von einem Meter. Rollstuhlfahrer gelangen über die neben der Treppe liegenden Rampen, welche sich in den fortlaufenden Fluchten der zwei Wandscheiben erstrecken, ebenfalls auf das Podest. So ist einem Ausgrenzen behinderter Menschen nicht nur entgegengewirkt worden, vielmehr erleben sie eine zentralere  Erschließung des Museums.
Von hier an geht es über einen langen Tunnel (der konisch verläuft und sich zum Ende weitet) und einer leicht abfallenden Rampe unter den Wandscheiben hindurch in die Mitte des Gebäudes. Der Tunnel dunkelt sich nach und nach ab. Ziel ist es, den Besucher mit den wenigen Bauelementen und Lichteinwirkungen auf das ihn Erwartende vorzubereiten. Er soll den Alltagsstress hinter sich lassen; seine Augen und Sinne für die Kunst öffnen.
Hier betritt man eine, ähnlich einer sich öffnenden Muschel, aufgeklappte Treppe in Form eines Dreiecks und gelangt so in das großzügige Foyer, welches sich zwei Meter über Geländehöhe befindet. Die Assoziation hier beruht auf der früher florierenden Perlenfischerei der Emirate. 

Nach dem Erwerb der Eintrittskarten besteht die Möglichkeit, im Foyer Unterlagen und Bücher über Kunst und die laufenden Ausstellungen zu erwerben, sowie in einem Café eine kleine Stärkung zu sich zu nehmen. Über eine im Foyer frei tragende Treppe gelangt man in die ersten zwei der vier angeordneten Stahlbetonkerne. Hier werden dem Besucher auf drei Geschossen multimediale Kunstausstellungen geboten.
Auf dem Dach dieser zwei Kerne ist eine nach Osten und nicht von Wänden umgrenzende Fläche für das Gebet der hauptsächlich muslimischen Bevölkerung angedacht. 
Vom dritten Obergeschoß gelangt man wiederum in sieben frei im Raum und auf unterschiedlichen Höhen schwebende Räume, die der ständigen Ausstellung dienen. Jene werden über eine Konstruktion an den vier sich gegenüberstehenden Stahlbetonkernen befestigt und sind mit einem milchig-weißen Glas verkleidet, welches hinterleuchtet ist. Von dort aus erreicht man über eine Brücke, die sich zwischen den letzten beiden Wandscheiben befindet, den Skulpturengarten. Dieser ist zwischen den zwei hinteren Stahlbetonkernen, die auf weiteren drei Geschossen Ausstellungsflächen bieten, angeordnet. Die oberen zwei Geschosse dieser Kerne stehen der Verwaltung und den Kunstwerkstätten für Kleinkunst zur Verfügung. Unter dem Skulpturengarten erstrecken sich zwei Geschosse, die Studios für Künstler und Vortragsräume, sowie Lehrflächen beinhalten. Im Erdgeschoss der zwei Stahlbetonkerne stehen dem Besucher sowohl ein Filmraum, in dem über aktuelle Ausstellungen und Künstler informiert wird, als auch ein Restaurant zur Verfügung. Im gesamten Erdgeschossbereich, unter den frei im Raum schwebenden Räumen, befindet sich eine 3.610m2 große Ausstellungsfläche für großformatige Kunstobjekte und wechselnde Kunstausstellungen.

Das Gebäude besitzt fünf Untergeschosse, wobei eines ein Halbgeschoss ist. Hier befinden sich Personalräume, Duschen, Anlieferung, Küche, Lagerräume, Werkstätten etc. In den weiteren vier Untergeschossen stehen mit den Parkdecks insgesamt 305 Stellplätze zur Verfügung. Die Erschließung erfolgt über die vorderen zwei Kerne und lässt den Besucher im unteren Galeriebereich an der dreieckigen Treppe eintreten.

Die Netto-Grundrissfläche (NGF) beträgt 31.260m2 und teilt sich auf in die Funktionsfläche (FF) mit 935m2, Nebennutzfläche (NNF) mit 12.182m2, Hauptnutzfläche (HNF) mit 15.043m2 und der Verkehrsfläche (VF) mit 3.100m2, welche somit rund 9,90% der Netto-Grundrissfläche in Anspruch nimmt.

Condition: max. 8 DIN A1 plans permitted